Samstag, 16. April 2011

Mount Meru - Angkor Wat in Kambodscha

Ich bin in Siem Reap, Kambodscha, mitten in der großen Tempel-Ruinenstadt namens Angkor. Es war ein verflucht hartes Brot, hierherzukommen, wenngleich es sich schon jetzt absolut gelohnt hat. 

Meine Anreisebeschreibung: um 5.30am auf Ko Chang Aufstehen, fertig packen, um 6.30am in den Mini-Bus. Anschließend letztes ungewolltes Sightseeing der gesamten insel, um die diversen anderen Mitreisenden abzuholen. Natürlich war ich der erste. Psychopatische Todeskommando-Killerfahrt über Stock und Stein, der Fahrer befürchtet, die Fähre nicht mehr zu bekommen. Recht hat er. Ich ärgere mich, denn ich hätte locker 1 1/2 Stunden länger schlafen, dann in aller Ruhe ein exklusives Taxi nehmen können für ein paar Euro und hätte die Fähre erreicht. Also dann eben eine Fähre später: Überfahrt. Weiterfahrt. Pause. Weiterfahrt. Pause. Es keimt eine Ahnung: Das Unternehmen erhält eine Provision von den Raststätten. Weiterfahrt. Lange Spezialpause: Wir bekommen den ersten Schwung Papiere zur Beantragung der Visa, müssen alle persönlichen Daten zu unserer Herkunft und unserem Verbleib in Kambodscha ausfüllen (#1), ein Passbild abgeben und dürfen kräftig löhnen. Weiterfahrt: Poipen, Grenze. Ab jetzt heißt es: Schwitzen! Rucksack schultern, Kameratasche, Tasche Nummer zwei und Stativ umgehängt, Sherpa-Assoziationen glimmen auf im geplagten Hirn. Zu Fuß bis vor den Ausreiseschalter: Formulare wieder komplett ausfüllen (#2), zweifache Ausführung (#3). Ausreisen. Warten. Über das Niemandsland in der prallen Sonne latschen, Schwitzen, Dampfen und Stinken. Warten. Einreise-Formulare ausfüllen (#4). Warten. Einreiseschalter. Latschen. Zubringer-Bus besteigen: Endlich Aircon! Ankunft beim großen Touristen-Bus-Terminal. Warten. Besteigen des Busses nach Siem Reap. Pause. Weiterfahrt. Pause (diesmal ein paar Kilometer vor Siem Reap - JA, es ist wieder ein Scam!). Ankunft am Busbahnhof gegen 7 Uhr abends, versprochen war 5 Uhr. Tuctuc-Fahrt 2 Mal durch das Zentrum, denn im ersten Hotel gabs keine freien Zimmer... ANKUNFT! Budallagott sei Dank!

Debriefing. Strecke: 400km. Dauer: 13 Stunden. Durchschnittsgeschwindigkeit: 30 km/h. Geschätzte Dauer nach Google: 6,5 Stunden. Google weiß NICHT alles. Aber immerhin, ich bin angekommen, mein Hotelzimmer ist sehr schön, hat ein Traumbett, Stuck, Aircon, Fernseher, Kühlschrank und Badewanne mit warmem Wasser (!!!) UND einen Pool. Ich bin äußerst froh, hier zu sein, denke allerdings über einen Rück-Flug nach Bangkok nach... 

Erster Eindruck: Die Menschen wollen einen wie gewöhnlich abrippen, aber sind äußerst freundlich dabei, daher dürfen sie mein Geld in Maßen haben zur allseitigen Befriedung und Befriedigung, Kompensation des schlechten Gewissens und Entwicklungshilfe. Kleiner Tipp: wenn Dich eine Straßenhändlerin nach Deinem Namen fragt, dann frag sie nach ihrem, merk ihn Dir tatsächlich, kaufe nix, komme später wieder und rufe sie schon 5 Meter bevor sie Dich gesehen hat begeistert beim Namen an, während sie Deinen vergessen hat, obgleich sie Dir ob seines wundervollen Klangs vorher gehuldigt hat. Dann verspotte sie liebevoll und erhalte so ein Superschnäppchen aufgrund sympathiebedingter Alleinstellungsmerkmale. Das erzeugt Erheiterung allerseits, fördert Kontakt, spart Geld, bringt Textilien.

Ohne all zu sehr belehren zu wollen möchte ich Euch jetzt gern erzählen, was hier was ist und ein wenig über Angkor erzählen, weil ich einfach so begeistert bin. Seit 2004 will ich nach Angkor, es hat nie geklappt, jetzt bin ich hier! Wenn Ihr's schon kennt: Entweder überlesen oder als Genusserinnerung trotzdem lesen! Siem Reap ist eine moderne, aufstrebende kambodschanische Stadt mit unglaublicher Dynamik. Ihr Name könnte vom Klang her fast Englisch sein und bedeutet tatsächlich "Siamesen besiegt". Ein recht provokanter Name, so als würde Waterloo heute "Froschfresser verkloppt" oder wasauchimmerdasaufbelgischbedeutet heißen. Ironie der Geschichte: die Stadt fiel immer wieder in siamesische Hände zurück, da konnten also wiederum die Thais lachen. Naja, HEUTE ist das hier alles Kambodscha, wer also zuletzt lacht... :-)

Siem Reap liegt auf dem Gelände des historischen Angkor, was wiederum idealtypisch "Stadt" bedeutet, verstanden als die" Stadt aller Städte". Man muss sich darüber im Klaren sein, dass Angkor eine Million Einwohner (!!!) hatte zu einer Zeit, als London mit 50.000 Einwohnern ein jämmerliches Kaff darstellte, aber davon ausging, der Nabel der Welt zu sein und seine jämmerlichen Klimper-Klapper-Ritterchen in heilige Kriege schickte... Angeblich hatte Angkor insgesamt die Fläche des modernen Berlin. Denkt man an den Aufwand und die Infrastruktur, die heute benötigt werden, um eine Stadt mit vergleichbarer Bevölkerungszahl am Leben zu erhalten, dann kann man sich gar nicht genug darüber wundern, dass dies mit dem vorhandenen technischen Entwicklungsstand überhaupt möglich war. Zum Vergleich: Das Weltreich Rom mit seiner gigantischen europaweiten Infrastruktur hatte in der Spätantike die maximale Bevölkerungszahl von 1,5 Millionen Einwohnern. Den Aufwand zur Versorgung von Angkor verdeutlichen seine zwei gigantischen Wasser-Reservoirs. Das westliche ist 8 mal 2,3 Kilometer groß, das östliche 7,1 mal 1,8 Kilometer. Sie sind künstlich, könnt Ihr Euch das vorstellen? Große künstliche Seen im völligen Flachland, umgeben von verzierten Steinmauern, die Jahrhundert für Jahrhundert tiefer im Sand versinken. Ein unfassbares Beispiel für den Umsetzungswillen dieser Zivilisation, bei uns wütete derweil die Pest, weil die Menschen im Dreck dahinsiechten. Noch nach 1000 Jahren baden bis heute - besonders beim Sonkran Wasserfest - die Khmer-Kinder im See, am Ufer werden Picnics abgehalten, das Leben pulsiert wie eh und je.

Der bekanntere Ausdruck Angkor Wat bezeichnet "nur" eine der unzähligen Tempelruinen, die auf dem riesigen Areal der ehemaligen Stadt liegen, im Vergleich zu der das aufstrebende Siem Reap noch immer ein Dorf ist. Wat bedeutet Tempel, es handelt sich also um DEN Tempel von Angkor. Er ist ein architektonisches Symbol für den Berg Meru, Hindu-Pendant zum Olymp, dem spirituellen Zentrum der Welt und Ort, an dem die Götter wohnen. Das macht auch Sinn, denn die Könige der damaligen Zeit haben sich als Gottkönige ähnlich wie die Pharaonen feiern lassen. Die kulturellen Wurzeln der Khmer liegen in Indien, daher handelt es sich bei Angkor um Hindu-Tempel, allerdings gab es auch eine buddhistische Periode, wie ja auch in Indien. 

Wer es damals geschafft hat, eine Millionenstadt zu organisieren, der hat auch beim Tempelbau nicht gespart: Angkor Wat ist wirklich die Mutter aller Tempel. Wie soll man sie ohne all zu ausufernde Attribute beschreiben...? Also zu aller erst ist es der größte Tempelkomplex der Welt. Überlegt Euch, was das bedeutet, denn die Welt ist groß, und der Petersdom zum Beispiel auch. Am deutlichsten sind vielleicht die Außenmaße: Angkor Wat ist umgeben von einem rechteckigen Wassergraben mit den Maßen 1,5km mal 1,3km und 190 Meter Breite. Das entspricht einer Fläche von 200 Hektar und einem langen Spaziergang, während man bei Sonnenaufgang langsam mit den zahlreichen Pilgern des neuen Jahrtausend, uns Touristen, über einen steinernen Damm staunend auf das Areal zuschreitet! Bei der Gelegenheit will ich selbstlobend bemerken, dass ich nach dem Hardcore-Reisetag gestern trotzdem um 4 Uhr aufgestanden bin und daher unter den ersten war, die sich gestern auf den Weg machten! Das war heftig, denn ich war vorgestern erst um 12 im Bett. Fan-Post bitte ohne Zögern losschicken.

Innerhalb des Grabens liegt eine Anlage mit 3 Ebenen, die äußere Mauer hat die Maße 1025m mal 802m (82 Hektar). Das glaube ich gern, denn ich spüre die Maße heute in den Beinen. Ich wollte mich der ganzen Sache genussvoll und langsam annähern und bin daher immer erst an der Außenmauer entlang, bevor ich eine Ebene weiter nach innen gestiegen bin. Man steht also vor der Mauer, dann besteigt man die zweite Ebene, dann die dritte, von dort ragt der zentrale Turm schließlich bis 65 Meter über die Basishöhe. Als ich schließlich im Allerheiligsten, im absoluten Zentrum der Anlage ankam (genauer gesagt in einer der vier Nischen in alle Himmelsrichtungen) war ich platt und mir stand einfach nur der Mund offen angesichts des Eindrucks, den diese langsame Annäherung zum "Zentrum der Welt" auf mich machte. Zu seiner Zeit muss die Anlage absolut und völlig umwerfend gigantomanisch gewesen sein. Was wir heute bestaunen, ist nur ein verfallener Schatten dessen, so als würde man unter der eingestürzten Kuppel des leeren Petersdoms herumkriechen, der vorher komplett ausgeplündert wurde. Es beschlich mich ein ehrfurchtsvolles schlechtes Gewissen, wie ich so als dummer Tourist in den dunklen Gängen herumgaffte, die doch nie für die Augen von Normalsterblichen bestimmt waren. Jedes Maß, jede Statue, jedes Relief, jede Proportion hat eine symbolische astronimisch/astrologische und/oder spirituelle Bedeutung, der ganze Tempel ist eine einzige riesige kulturelle Kommunikation mit spirituellem Bezug auf den Hinduismus und historischem Bezug auf seine Erbauer - die ich gerade einmal erahne. Immerhin erfüllt vom Wissen, dass ich nichts weiß, schleiche ich durch die Flure und fühle mich dabei wie ein Trailer-Park-Ami, der sich aus Versehen ins Museum für moderne Kunst verirrt hat. Am wenig schüchternen Kinderzusammentreibe-Brüllen einer aufgetakelten russischen Oligarchen-Mama inmitten des heiligsten Allerheiligtums ("Nataaaschaaa, DMIIITRYYY, PrzewalskipferdblaBLAAAAAAA! NAAATASCHAAAAAA...") erkenne ich, dass ich mich mit dieser Einstellung immerhin schmeichelhaft von der Masse abhebe und nehme mir spontan Zeit, ein wenig den modernen Menschen zu begutachten, der ich nur zum Teil bin, während dieser mich ebenfalls böse ansieht und vermutlich verachtet, weil ich weder Prada-Brille, noch frischgebleichte weiße Baumwollhose, noch Strohhut trage. 

Anschließend trottete ich zu meinem für den Tag gemieteten Tuctuc zurück, dessen Fahrer selig sabbernd auf den Kissen döste und bereute ein wenig, mich derart finanziell verpflichtet zu haben. Es war kurz vor 10, ich war über 4 Stunden herumgewandert, schon nassgeschwitzt, todmüde und fühlte mich so langsam nach Feierabend, Pool und dem lokalen Bier. Dennoch siegten Geiz und Neugierde, also wies ich meinen freundlich-verschlafenen Fahrer an ("Hühott, wohlan denn, Kutscher!"), zur Umgehung der feiertagsbedingten Songkran-Touristenscharen, die tausendeweise um meine Füße wuselten, einen abgelegeneren Tempel anzusteuern.

Es folgte eine ca. einstündige Holperfahrt, deren gnädiger Fahrtwind mein T-Shirt trocknete, welches beim anschließenden einstündigen Steilanstieg zu einem Wasserfall bei schönster Mittagshitze wieder den feuchten Weg all meiner Reise-Shirts ging. Unterwegs gabs den spektakulären Kampf einer grünen Ringelschlange gegen einen Riesen-Gecko zu bestaunen und überdies viele mitleidig-spöttische Blicke von vollbekleideten Asiaten ob des tropfschwitzenden Langnasers zu erdulden, der sich halbnackt doch ungeachtet dessen jämmerlich keuchend den Berg hoch schleppte. Die erhoffte Kühle des dort sprudelnden Bergbaches blieb leider aus, denn selbiger war völlig ausgetrocknet, dafür wartete er mit direkt ins Flussbett eingemeißelten Bas-Reliefs umgeben von wilder Dschungel-Natur auf, die Dank des nicht vorhandenen Wasserstandes bestens sichtbar waren (für Kenner: = Kbal Spean). Weil meine Gestalt noch nicht jämmerlich genug war riss just im Augenblick meiner Ankunft der Halter eines meiner wunderbar günstig erstandenen Flipflops (made in Thailand) und hinterließ mich barfußschlammwatschelnd. 

Anschließend führt mich ein Führer das steile Flussbett entlang, überstieg mit mir alle Absperrungen und brachte mich so in den Genuss von Ansichten, die dem touristischen Auge sonst verborgen bleiben, um sich ein freiwillig saftiges Trinkgeld von mir abzuholen und mir strahlend nachzuwinken. Nach dem äußerst hornhautfördernden Abstieg über steile Felsen und Wurzelwerk begrüßte ich im Outfit eines Dschungelcamp-Survivors mit Schlamm bis in die Kniekehlen äußerst begeistert die liebe Lie (siehe oben), kaufte ihr Flipflops, ein frisches T-Shirt und eine schnell geexte 1,5l-Wasserflasche für zusammen 5 USD ab, ließ mir noch (ja, tatsächlich) die Füße waschen und mich dann zu den Tempeln von Banteay Srei karren.

Diese sind bei vergleichbar geringen Ausmaßen dennoch zurecht für ihre exquisiten, detailverliebten Reliefs bekannt, die zum Teil schon mehr als Skulpturen gelten sollten, da sie tief und plastisch in den rotlila Sandstein gehauen wurden. Auch wenn ich mir durchaus dessen bewusst war, dass diese wunderwunderschön sind und ich einige tolle Fotos schießen konnte, wollte keine große Begeisterung mehr in mir aufkommen, denn ich war völlig erschöpft und schwitzte schon wieder wie ein angestochenes Schwein mein neues Cambodia-T-Shirt voll. 

Ja, ich gestehe! Ich schwitze und rieche nach Mann! Das ist der markante Duft des Nordens, der Euch da entgegenschlägt wie edelstes Büffelsekret! Doch schäme ich mich indessen nicht! Mein kältegestählter Leib wurde von namenlosen nordischen Gottheiten für montane Extrembedingungen ausgelegt! Oder für die Drachenboot-Überfahrt von Norwegen über Island nach Grönland! Im Winter! Was wisst Ihr denn von Eisbergen! Wollen doch mal sehen, wer zuletzt lacht, wenn wir uns auf halbem Weg zum Mont Blanc begegnen, Du als 50-Kilo-Tropenausführung mit blaugefrorenen Lippen, ich mit 85 Kilo und zentimeterlangen Eiszapfen im wilden Zottelbart, die bei meinem thorgleich dröhnenden Lachen unter roter gutdurchbluteter Nase klimpernd aneinanderklingeln! Wirst schon sehen!

Anschließend - es war mittlerweile 16 Uhr, ich selbst seit 12 Stunden wach und seit 11 auf den Beinen - karrte mich mein lieber Fahrer in eine komplett auf Eisschrankniveau gekühlte Monster-Mall in Siem Reap, in der ich mich mit wohlgefälligen Konsumgütern ausstattete, um mich dann ermüdungsgemäß leicht desorientiert in meinem Hotel absetzen zu lassen. Angkor Wat im romantischen Licht des Sonnenuntergangs? Nix da! Mich gelüstete nach televisionärer Unterhaltung, Unterkühlung des Hotelzimmers auf 18 Grad, um mich bibbernd von lauem Badewannenwasser bei Kerzenschein und guter Literatur wieder aufwärmen zu lassen. Ein ähnlich dekadentes Programm schwebte mir auch dieses Morgens vor und ich setzte es in vollständiger Ausblendung kulturellen Entdeckergeists aber dafür chaiseloungeartiger Haltung im Liegestuhl am Pool in die Tat um. Dies brachte mir erstens viel Zeit zum Lesen sowie Erholen, zweitens zum Bearbeiten einiger der 275 Fotos, die ich gestern geschossen hatte und drittens genug Zeit, diesen ellenlangen Monsterpost zu verfassen, den ich nun mit einer guten Hotelzimmertasse eisgekühlten Chardonnays in der Hand zu Eurer hoffentlich gegebenen Unterhaltung absetzen möchte. Prost!

Mittwoch, 13. April 2011

Songkran Madness

Es ist Sonkran, buddhistisches Neujahr. Zu diesem höchst feierlichen Anlass beträufelt man sich gegenseitig segnend mit kleinen Mengen Wassers, ählich wie bei der Taufe der Christen. Traditionell, sollte ich wohl dazu sagen. Klare Sache, dass die Thais hier aber keine halben Sachen machen. Ähnlich wie man den Hausgeistern neben einem Schüsselchen Reis lieber noch eine Flasche Sprite und gleich noch eine Cola und 50 Räucherstäbchen opfert, so wird auch beim Segnen nichts dem Zufall überlassen. Praktisch sieht dass so aus, dass Horden kreischender Thais zusammen mit riesigen Bottichen auf den Ladeflächen von Pickups durch die Gegend gekarrt werden und alles und jeden mit eimerweise Wasser übergießen.

In den Dörfern wird dies begleitet vom begeisterten Geschrei eines greisen Thai-Showmasters, das durch scheppernde Verstärker gejagt aus überdimensionierten Megaphonen schrillt, was sich in etwa so anhört wie die psychologische Kriegsführungspropaganda der Vietcong im Vietnamkrieg. Die dunklen Gesichter der Wasserwerfer sind mit weißem Kalk oder anderer Schmiere bedeckt wie Aborigines auf dem Kriegspfad. Durch diesen Pfuhl des blanken Horrors musste ich heute morgen zwei Mal mit dem Motorbike durchfahren, also insgesamt 4 Mal die Strecke, wurde von allen Seiten mit Wasserpistolen und Supersoakers beschossen, von Kübeln durchnässt, die mir frontal mit lautem SPLASH ins Gesicht klatschten, sie sitzen in den Bäumen, am Straßenrand, schwer bewaffnet hinten auf Motorrädern, die an Dir vorbeirasen, und alle segnen Dich in einem Maß, dass Dir Stuttgart 21 wie ein Spielplatz vorkommt! Apokalypse Now! Naja, Ihr wisst schon, ich übertreibe ein bisschen, aber es geht wirklich ab ohne Ende, der totale Spaß!

Nachdem es in diesem Spiel nur zwei Parteien gibt, nämlich die, die Wasser werfen und die, die beworfen werden, war klar, was für mich zu tun war. Seit Tagen schon hat Khun sich selbst und mich begeistetert und mit leuchtenden Augen auf diesen großen Tag vorbereitet, ich glaube kaum jemand hat mehr Spaß dran als sie, eine wahre Kinderseele. So wusste ich, dass sie ihren eigenen großen Riesen-Bottich oberhalb vom Mangrove an der Straße vorbereiten und dort die Vorbeifahrenden zusammen mit den anderen Kollegen aus dem Mangrove "empfangen" wollte. Klar, da war ich mit am Start.

Und so hab ich die letzten 3 Stunden mit ausuferndem Wasserwerfen verbracht. Könnt Ihr Euch vorstellen, was es für eine diebische Freude bereitet, wenn ein Inseltaxi vorbeifährt und man mit einem kompletten Eimer eiskalten Wassers GENAU die in Fahrtrichtung gelegene kleine Luftluke des engen und vollbesetzten Pferches trifft, der hinten auf dem Pickup angebracht ist. Der Effekt ist in etwa so, als hätte man eine Granate reingeworfen, die Kiste fährt vielleicht 30 km/h und das Wasser splasht daher volle Kanne (im wahrsten Sinne... :-) und heftig spritzend in den nichtsahnenden Innenraum, der nämlich davon ausgeht, durch Geschlossenheit zu den Seiten wassersicher zu sein. Muuuharharhar! Süße Schreie, erfüllt meine Ohren... Oh und die Thais sind ja so herrlich schadenfroh, allen voran Khun mit kalkverschmiertem Gesicht, Zöpfen und Schirmmütze. Interessantes Detail: Ihr glaubt doch nicht, das Motorradpolizisten sicher seien? Im Gegenteil, durch ihre wichtige Rolle in der Gesellschaft und ihren gefährlichen Job müssen diese für das neue Jahr natürlich mit besonders intensiver Segnung bedacht werden. Hey was haben wir gelacht, ein Polizist in voller Montur wie Robocop, triefend von oben bis unten auf seiner Maschine, und lacht auch noch und sagt Danke!

Auch großartig: ernstzunehmende Herausforderungen, denn nach dem 20. Motorbike hintereinander, das man zu fünft, jeder mit nem Eimer Wasser, vollkommen durchtränkt hat, muss mal was Neues her. zum Beispiel einer der "Wasserpanzer", die ich vorhin schon beschrieben habe, die Pickups überquellend voller durchgeknallter Thais, die so lange vor Deinem Wasser-Fort stehen bleiben, bis wirklich alle von Kopf bis Fuß totally soaked sind. Hey, das hat so was von Spaß gemacht. Wenn es nicht tödlich enden würde, dann würde ich das bei uns gleich auch einführen an Neujahr...
Ich hab es riskiert und auch einige Fotos geschossen, auch wenn's meiner Kamera nicht gut getan hat, die zweite Hälfte der Bilder ist komplett milchig, da mir wohl zwischendurch das Objektiv beschlagen ist, ich hoffe das geht wieder weg.

Songkran also. Morgen könnte für mich der Spaß dennoch schnell zum Problem werden... Schon jetzt ist es alles andere als einfach, IRGENDETWAS organisiert zu kriegen, denn egal was Du dabei hast, Du musst davon ausgehen, dass es durchtränkt wird. Plastiktüten sind mein bester Freund. Ausgerechnet heute hatte ich dann ne Menge zu tun, musste meine Wäsche noch Waschen lassen, ins Travel Office, zum ATM. Daher bin ich x-mal durchs Dorf gekommen, ein kleiner Thai-Junge hat sich schon kaputt gelacht, wenn er mich nur sah und obwohl ich schon pitschenass war hat er es sich nicht nehmen lassen, mir jedes Mal wieder seinen Eimer über den Kopf zu leeren. Aber ich habs geschafft, morgen gehts endlich nach Siem Reap. Obwohl es mir sehr leid tut, hier weg zu müssen, hätte ich mehr Zeit würde ich immer noch bleiben, aber ich will auf keinen Fall Angkor verpassen und brauche noch ein bisschen Zeit dafür übrig. Ich hoffe nur, es kommt nicht irgendein Irrer morgen früh um 7 auf die Idee, mein Taxi zielsicher mit Wasser zu bewerfen, das fände ich wirklich überhaupt nicht lustig! ;-)

Dienstag, 12. April 2011

Von der Wildnis, menschlichen und tierischen Schlangen und ganz viel tollen Menschen

Was gibt's Neues? Die Soap hat sich geklärt, Little Buddha ist verschwunden, vermutlich zum Canon-Foto-Shooting in den Dschungel, Yin ist immer noch weg, hat aber inzwischen angerufen, ist also offensichtlich noch am Leben. Die Stimmung ist wieder hervorragend und daher hatte ich beschlossen, meinen Geburtstag noch hier zu verbringen. Kam mir zu trostlos vor, ausgerechnet an meinem Geburtstag unter Fremden zu sein.

Wie lief das also? Ich hab länger nix mehr geschrieben, muss etwas ausholen. Am Geburtstagsvorabend war ich ziemlich platt von einer langen Motorbike-Fahrt über die Insel und ein paar Stunden Wanderung durch den Dschungel zu einem Wasserfall im Norden der Insel - Maniac, Du erinnerst Dich an unsere Wanderung in Pai damals? Ungefähr so, nur allein, steiler, dafür nicht ganz so weit und mit viel weniger Wasser im Fluss. Aufregend ist das richtige Wort für diese Aktion! Etwas mulmig war mir schon zumute, als ich unterwegs plötzlich sehr spät, nämlich erst einen Meter vor mir eine ca. 1 Meter lange Wurzel-Camouflage-Schlange sich über den wurzelbewucherten Waldbogen bewegen sah. Plötzlich hab ich mich erinnert, wie ich vor einigen Tagen Little Buddha beim Paddeln nach Schlangen auf der Insel gefragt habe, und er lakonisch meinte: "Many!". Auf die Frage, ob die denn wohl etwa giftig seien, hat er ganz einfach nur - gelacht. Kein gutes Omen schien mir dies, während sich die braune Schlange in Bissentfernung vor meinen Flipflops im Unterholz verzog. Meine Stimmung besserte sich aber schlagartig, als mir auf dem Rückweg ein nettes deutsches Paaar entgegenkam, das auf der gleichen Strecke ebenfalls wieder zurück kommen musste und mir versprach, mich gegebenenfalls auch mit Schaum vor dem Mund wieder ins Tal zu schleifen.

Ich muss echt zugeben: wir Westler (oder vielleicht ich?) neigen dazu, die Wildnis zu unterschätzen, weil's bei uns einfach keine echte gibt und sogar vereinzelte wohlmeinende Bären, die nach Jahrhunderten versuchen, das biologische Gleichgewicht unserer Bergziegen wieder in den Griff zu kriegen, kaltblütig von bayerischen Politikern abgeknallt werden. Naja, Ihr versteht schon.

Christine (eine "Freundin des Hauses", kommt aus England, lebt seit 6 Jahren hier) hat heute eine glücklicherweise saulustige Geschichte erzählt von einem Engländer, den sie in Laos kennengelernt hat, als dieser mit nur einem Flipflop, einer Short und einem T-Shirt bekleidet auf das Schiff stieg, mit dem sie gerade unterwegs war. Statt Haut hatte er Stiche, meinte sie, er war totenblass, zerrissen und schmutzig und offensichtlich in ernsthaften Schwierigkeiten gewesen. Auf die Frage, was ihm denn geschehen sei, antwortete er anfangs nur "I don't wanna talk about it...". Als er dann doch herausrückte stellte sich die Geschichte so dar, dass er einen "kleinen Ausflug" in den Dschungel unternehmen wollte entgegen aller Warnhinweise, dass dies ohne Guide wirklich gefährlich sei. Er bekam als Ausgleich dafür von den Laoten eine hervorragende Wegbeschreibung in der Art "walk 1 hour, then cross 2 rivers, then go to the right" und fühlte sich offenbar gewappnet. Als er sich gerade gewundert hatte, dass er nach 1 Stunde immer noch keinen Fluss erreicht hatte - latschte er in ein Nest von fiesen Wespen oder Hornissen, um erstens vollkommen verstochen und zweitens nach heillos panischer Flucht völlig orientierungslos zu werden. Er hatte nur ne kleine Flasche Wasser dabei, sonst nichts. Alptraum. Er latschte, latschte und latschte also verstochen wie er war durch den nicht ungefährlichen Dschungel, bis es dunkel war und er ENDLICH in der Ferne Lichter sehen konnte. Er lief also darauf zu und - stand am Ufer des Mekong, die Lichter immer noch locker einen Kilometer entfernt auf der anderen Flusseite in Thailand. Er schlief wo er war im Dreck, wurde pervers von Moskitos verstochen an den Stellen, die noch frei waren. Wenigstens konnte er am nächsten Tag dem Flusslauf folgen, bis er endlich einen Laoten entdeckte. Jetzt muss man wissen, dass die Laoten sehr abergläubisch sind und an Geister, Dämonen und alles mögliche glauben. Dadurch lässt sich nachvollziehen, warum der junge Mann schreiend davonlief, als er den völlig verschwollenen bleichen Mann in zerrissener Kleidung aus dem Dschungel kommen sah, der ein seltsames Kauderwelsch von sich schrie. Die Stelle hat Christine so gut nachgeahmt, dass wir vorhin fast lachend unter dem Tisch lagen. :-) Erst als er ihm ein Weilchen nachgelaufen war und beschwichtigt hatte war das Missverständnis ausgeräumt und er wurde zu eben dem Bootsanleger gebracht, an dem Christine ihn kennenlernte. Krönender Abschluss: als man ihn später irgendwo absetzte hatte er es so eilig, wieder nach Hause zu kommen, dass er mit nur noch einem Flipflop bekleidet ausrutschte und Hals über Kopf in den Uferschlamm fiel, der ihn anschließend zusätzlich zu seiner eh schon traurigen Gestalt komplett bedeckte, was das gesamte Boot zu schreiendem Gelächter motivierte. So ist er dann später wohl in seinem Hotel angekommen, die Blicke hätte ich gern gesehen. Christine meinte, er habe ihr ja schon sehr leid getan, ganz klar, aber sein Anblick und sein offensichtlicher Wunsch, so schnell wie möglich aus diesem Land weg zu kommen müssen so dermaßen lustig gewesen sein, dass die Laoten auf dem Boot noch Kilometer später lachte. Ich persönlich werde jedenfalls darauf achten, in Zukunft wieder etwas mehr Respekt vor dem Dschungel zu haben, denn jedes Jahr sterben hier zahlreiche Menschen, weiß Christine zu erzählen. Das ist wie mit den diversen Stöckelschuhträgerinnen, die jedes Jahr ihrem Kosmetikkoffer hinterher in Allgäuer Bergschluchten abstürzen.

Zurück zu meinem Tag: als ich vorgestern also mit dem Motorbike zurück auf dem Weg nach Hause fuhr erwartete mich der nächste Schock. Ich war gerade dabei, ordentlich Gas zu geben (80 km/h), um ein Inseltaxi zu überholen und zog auf meine Spur zurück, da platzte mein Vorderreifen. Zum Glück - zum GLÜCK! - ging das nicht richtig plötzlich. Es war eher so, dass der Roller plötzlich bei Höchstgeschwindigkeit völlig heftig zu schlingern begann und ich ihn zwar mit Schwierigkeiten, aber immerhin wieder unter Kontrolle bringen konnte. Ich war eh schon stolz auf mich, weil ich den dämlichen Helm trug, aber trotzdem möchte ich nicht wissen, wie ich jetzt aussehen würde, wenn die Sache ein wenig anders gelaufen wäre. Zumal direkt hinter mir das Taxi fuhr (das sind so Pickups die hinten ne Laderampe für das Touri-Vieh haben. Muh.) und ich wenn mein Vorderreifen irgendwie blockiert hätte durchaus unter dessen Reifen hätte landen können. Aber so war das alles recht harmlos und keiner außer mir hat die Sache überhaupt mitbekommen, der Roller schlackerte eben plötzlich wie ein bockiges Pferd, ich hab auf dem Seitenstreifen fast ne Vollbremsung hingelegt und stand. Stressig war die anschließende Organisation, der unnötige Ärger mit dem Vermieter, der mich die ganze Reparatur zahlen lassen wollte unabhängig davon, dass ich mit seinem Drecksteil fast draufgegangen wäre... Ein bisschen viel Aufregung, wenn man eh schon völlig geschafft ist von einem langen Tag, hat mich ziemlich geärgert und das hab ich ihn auch spüren lassen.

Bei der Gelegenheit ist vielleicht wieder ein bisschen Gesellschaftskritik angebracht, denn mehr als das rein Sachliche (es ging um nicht mal 5 Euro...) hat mich die überheblich rassistische Art gepaart mit Paranoia angekotzt, mit der dieser Wicht von einem Mechaniker mich behandelt hat. Da wo der Tourismus seine goldenen Schwingen ausgebreitet hat haben die Thais schon so viele schlechte Erfahrungen mit Farangs gemacht, dass sie Dich zum Teil wie einen Haufen Scheisse behandeln, nur das Schlechteste von Dir erwarten und Dir maximal den Respekt wie einem laufenden Geldbeutel entgegenbringen. Das macht mich erstens sauer auf die Vorurteile der Thais, denn ich hab nichts falsch gemacht und bin denke ich ein recht umgänglicher Mensch, zumindest im Vergleich zu so manchem Gesocks was hier rumhängt. Zweitens und noch mehr nimmt mich das gegen meine Landsleute im weiteren Sinne ein, die langsam aber sicher mit ihrem unangebracht spätkolonialem Verhalten dafür sorgen, dass sich weltweit die Türen schließen, wenn man nur einen Zentimeter weiße Haut sieht.

Aber der Abend war dann wieder sehr schön, ich war ziemlich müde und wollte eigentlich bald ins Bett, bin dann doch noch um 12 mit einem Singha Beer an den Strand runter, hab die kühle Nacht genossen, ein Foto geschossen und einfach auf's Meer raus geschaut. Gestern morgen hat mich dann  Brigitte mit einem Strauß Blumen überrascht und mir wurde ein fürstliches Geburtstagsfrühstück kredenzt, an dem ich mich fast überfressen habe. Dafür hab ich ne ganze Weile gebraucht, wir haben uns wieder lang unterhalten, anschließend bin ich in meinen Bungalow, hab ausgepackt (Danke Mam!), mich gefreut und anschließend ein bisschen gelesen, bevor es mir langweilig wurde und ich wieder mal mit dem Kayak zu einer der Inseln vor der Küste herausgefahren bin. Als ich zurück kam war es schon dunkel, eine unglaubliche Atmosphäre, bei Nacht mit dem Kayak auf dem Meer uterwegs zu sein, was ganz eigenes. Ein Gefühl, als sei man ein hawaiianischer Fischer, der spät in der Nacht mit dem Fang des Tages über das Meer zu seiner Hütte zurück fährt. Passenderweise hab ich mir anschließend den fantastischen Steamed Fish mit viel Ingwer rausgelassen, den es im Mangrove gibt. Überhaupt ein kurzer Kommentar zum Essen im Mangrove: das ist absolut hervorragend, sehr authentisch thailändische Küche mit unheimlich viel frischen Kräutern, die ein Aroma haben, wie man es bei uns mal wieder fast nicht bekommen kann.
Abends saß ich noch ein Weilchen mit den Leuten aus dem Resort zusammen, war dann müde, hab noch ein paar Fotos bearbeitet und bin ins Bett. Alles in allem der entspannteste Geburtstag, an den ich mich überhaupt erinnern kann. Ich hatte schon ein wenig Angst davor, wie es sein würde, weit weg von zu Hause zu sein an diesem Tag. Aber meine Umgebung, die Menschen hier sind so liebevoll, dass man nicht auf die Idee käme, Heimweh zu haben oder sich allein zu fühlen. Und außerdem habe ich so viele Mails und Nachrichten bekommen, dass ich Euch alle ganz nah bei mir spüre und dafür danke ich Euch von Herzen .

Samstag, 9. April 2011

Another Day in Paradise...

Also zu aller erst: ich bin immer noch hängengeblieben. Es ist aber auch einfach unmöglich, gierig nach Mehr zu werden, wenn man alles hat, was man braucht! Außerdem merke ich mehr und mehr, wie die wohltuende Kraft des Urlaubens ihre Wirkung tut und will das auf keinen Fall unterbrechen, denn dafür bin ich hier! So viel also zur Rechtfertigung, warum ich immer noch im Mangrove rumhänge. :-)

Es ist auch so, dass ich mich im Mangrove Tag für Tag mehr zu Hause fühle, inzwischen kenne ich sogar die Hunde beim Namen! Mein Liebling ist Liu, eine superliebe gepflegte Strandköterlady, die mich 3 mal so viel über den Strand hetzt und Sand fressen lässst wie ich sie... Never try to run against dogs! Zumindest nicht bei 90% Luftfeuche und 35 Grad. Bin halb verreckt bei der anschließenden Schwitzattacke, erwischt hab ich sie doch nicht! Abgesehenvom Herumtollen am Strand muss ich auch meinen Wunsch nach "qualifizierter menschlicher Gesellschaft" vom letzten Post völlig revidieren, denn wie so oft saß sie genau vor meiner Nase! Brigitte nämlich, mit der ich mich richtig dicke angefreundet habe! 25 Jahre älter hin oder her, sie ist perfekt drauf und wir sind uns in unseren Ansichten so ähnlich, dass es manchmal schon unheimlich ist. Und meine Fresse, hat diese Frau viel erlebt und zu erzählen, das glaubt Ihr nicht und ich versuche auch gar nicht erst alles wiederzugeben. Perfekte Aussteigerstories! Beneidenswert. Griechenland Ende der 70er. Einfaches Fischerleben und Segelbootabenteuer... Gleichzeitig steht sie mit beiden Beinen ganz fest auf dem Boden, kann sauviel aus dem Geschäftsleben erzählen, weiß nach mehr als 15 Jahren im Business komplett wie der Hase läuft. Sie hat die komplette Phase mitbekommen, die neue Rolle des Internet, war dabei bei der Entstehung des Mobilfunkmarktes von Anfang an... Abgefahren. Am aller wichtigsten aber ist: sie ist ein Mensch, mit dem ich  keinen Small Talk führen muss, der mir nicht zu beweisen hat, wie cool er ist, der völlig frei von irgendwelchen unreflektierten Ideologien ist, mit dem man sich über die wirklich wichtigen ernsthaften Dinge im Leben unterhalten kann, um als nächstes über irgendwas herumzualbern. Zum Beispiel will sie mich unbedingt mit unserer 20jährigen Bedienung Khun verkuppeln und droht schon damit, dass sie ihr die ausgefüllten Asylbewerbedokumente in die Hand drückt, so dass ich die Ahnuhngslose nur noch in den Rucksack zu packen brauche... Ansonsten sitzt Brigitte gern auf der Veranda ihres Bungalows wie der bösewichtige Vietcong-Lager-Kommandant in Missing in Action II (mit Chuck Norris, fuck yeah!), eine der zwei schlanken Siam-Katzen auf dem Schoß wie Dr. Evil, huldvoll winkend wie Queen Mum und hat dabei ALLES im Blick. Ich bin also in bester Gesellschaft bei meinen Plänen zur Welteroberung und so ist es inzwischen fast ein Running Gag geworden, dass ich sage "morgen muss ich dann mal los". Ich fühl mich aber so sauwohl, warum sollte ich?

Abgesehen vom heimeligen Feeling ist hier außerdem weit mehr los, als man vermuten würde. Es ist nämlich so, dass der liebe Buad (inzwischen intern Little Buddha genannt - zur Erinnerung, Yin ist die eigentliche Besitzerin des Mangrove, er ihr Freund und so eine Art Ko-Chef-Pascha mit dicker Wampe) momentan offenbar eine dramatische Ehekrise mit Yin durchleidet, die selbst seit einigen Tagen spurlos verschwunden ist. Niemand weiß, wo sie steckt. Das hat ihn gestern Nachmittag während ich unterwegs war dazu bewogen, nach einem Telefonat mit Yin im Suff das halbe Mobiliar des Restaurants durch die Gegend zu werfen, angefangen mit dem Rack, das die Stereoanlage enthält, das ist SCHWER!!!, also kurz gesagt völlig auszuticken. Die Sache endete damit, dass auch er verschwunden war als ich heimkam, dafür waren die angestellten Thaimädels völlig verängstigt. Ich musste den Scout spielen und überall im Resort nachschauen, ob er doch noch irgendwo vor sich hin wütete, davor haben sie sich nicht mehr vom Strand ins Restaurant getraut. Brigitte bekam daher ihren Milch-Tee nicht, ein offenkundig völlig untragbarer Zustand, den ich zum Glück aufheben konnte.

Eine Stunde später kam dann zu dritt die Polizei mit einem weiteren in Zivil. Die setzten sich ins Restaurant, haben sich schön bekochen lassen und bis 12 Uhr nachts mit Chang zugekippt, um anschließend in einem der Bungalows schlafen zu gehen, während der Zivil-Polizist weiter ein Auge auf uns hatte bis um ca. 1 Uhr. Ich bin gestern wieder ordentlich mit Brigitte abgestürzt, habe mich erstklassig unterhalten und wir haben uns ultra-wichtig dabei gefühlt, dass 4 bewaffnete Bodyguards für allein unser zweier Sicherheit gesorgt haben. Permanent haben die Funkgeräte geknarzt, Polizeisirenen fuhren oben auf der Straße vorbei, kann sein, dass sie ihn gesucht haben. Dann ist auch unser letzter Polizeischützer in der Nacht verschwunden, woraufhin keine 20 Minuten später doch tatsächlich Little Buddha heimkam. Der war inzwischen eher zu einem Häuflein Elend geworden, hat versucht, die Sache schön zu reden und sich mehrmals entschuldigt. Damit konnte er Brigitte nicht im mindesten überzeugen, die seinen wohl wirklich völlig krassen Ausbruch aus nächster Nähe mitbekommen hatte und immer noch schockiert war. Sie hat auch völlig recht, das wirkte so dermaßen nach dem reuevollen Häusliche-Gewalt-Täter, der vor sich selbst und seiner Umwelt zu vertuschen versucht, dass er ein wirklich ernstes Problem hat... Schlimm. Auch sein Verhalten heute Morgen: er hat sich erstmal wieder einen eingekippt und dabei getan, als ob gar nichts passiert wäre, wollte mir einen Drink zum Frühstück andrehen, augenzwinkernd unter Männern versteht sich, hat versucht, es noch so vor uns hin zu stellen, als seien die Polizisten Kumpels von ihm, die öfters mal auf ein Bier vorbei kämen - er wusste nicht, dass wir selbst mitbekommen hatten, wie die Polizei gerufen wurde, uns mit dem Mädels unterhalten hatten, ich ihn ja sogar suchen sollte und wir genauestens wussten was lief. Wir zwei gehören eh schon fast zur Family, holen uns selbst unser Bier aus dem Kühlschrank, machen nachts das Licht in der Bar aus, wenn wir gehen...

Mich schockiert sehr, was für unterschiedliche Gesichter Little Buddha hat, denn 2 Tage vorher saß ich noch mit ihm im Kayak und fand ihn äußerst nett und sehr interessant. Ein Thai der Englisch mit französischem Akzent spricht?? Exotisch. Ich hab sogar zu ihm gemeint, er solle mal in Freiburg vorbei kommen, wenn er in 2 Monaten wieder in Fribourg zum Studieren ist. Aber jetzt weiß ich und das beleidigt meine Menschenkenntnis: unter seiner Oberfläche verbergen sich übelste Probleme und eine brutale Seite, die man sich vorher nicht ansatzweise hätte vorstellen können. Aber so ist das wohl in solchen Fällen, kein Schwein kriegt was mit und plötzlich kracht's. Nur geschieht in Thailand das in aller Öffentlichkeit, was sich bei uns üblicherweise hinter verschlossenen Türen abspielt.

Die Sache passt auch zu einem Rat, der mir früher schon gegeben wurde: hüte Dich vor betrunkenen Thais. Hinter dem sprichwörtlichen Lächeln Thailands verbergen sich mindestens genau so viele Probleme wie bei uns. Wird die kategorische Höflichkeit durch Alkohol aufgelöst, dann brechen sie vulkanartig hervor, oft weit schlimmer als das in unseren insgesamt "aggressiveren" Gesellschaften der Fall ist. Ich habe auf Ko Tao aus erster Hand die Geschichte einer thailändischen Hochzeit gehört, bei denen sich alle männlichen Gäste höllisch haben vollaufen lassen, um sich dann in einer wilden Massenschlägerei von Schwager zu Schwager richtig kräftig auf die Fresse zu hauen. Diese Abendgestaltung ist bei feierlichen Anlässen angeblich kein Einzelfall und eine erfrischende Überraschung für europäische Festgäste.

Ich will jedenfalls ganz bestimmt nicht in der Haut von Yin stecken und es ist kein Wunder, dass sie tagelang keiner mehr gesehen hat. Mir tut es nur wahnsinnig leid für die Thais, die hier arbeiten, denn die sind jetzt sozusagen führungslos. Die kleine Khun arbeitet doppelt so viel wie normal, so fleißig, freundlich und unermüdlich, dass es einem das Herz erweicht, besonders wenn sie zwischendurch allein am Strand sitzt und traurig auf's Meer hinaus sieht. Immerhin vermutet sie, dass Little Buddha das Schiff nach Trat genommen hat und alle hoffen, dass er so schnell nicht wieder und dafür Yin bald wieder auftaucht. Also ich frage Euch: wer braucht schon Soaps?!? Das hier ist dramatischer als der Denver Clan!

Wow, hier geht übrigens gerade ein unglaubliches Nachtgewitter ab, holy shit! Der Regen prasselt auf das Dach wie Stahlnägel, der Wind bläst ihn als Sprühregen zu meinen offenen Fenstern rein, Blitze zucken und werfen Palmensilhouetten durch die völlige Dunkelheit, bevor es donnert, also würde gleich die Welt untergehen... Tropenwetter, man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es noch nicht erlebt hat, WAS für eine ENERGIE, das sind Naturgewalten! Gleichzeitig sitze ich hier nur mit meiner Badeshort bekleidet auf meinem Wohlfühlpolster und freue mich, dass ich ENDLICH MAL nicht schwitze, denn es ist europäisch angenehm warm.

Mittwoch, 6. April 2011

Bitte einmal Mangrove wie immer...

Unglaublich, wie schnell man eine Routine entwickelt, einen Alltag. Noch immer sitze ich im Mangrove Bungalow Ressort, wie immer beginnt meine Reiserei damit, dass ich den Arsch erstmal überhaupt nicht mehr hoch kriege. Mein Tagesprogramm ist äußerst schlank und beschränkt sich auf ein bis zwei Aktivitäten - maximal!

Gestern: eigenes Schnorchelzeug kaufen und Motorbike-Harakiri-Fahrt nach Bang Bao. Das ist so eine Art Venedig Ko Changs, nur natürlich viel kleiner. Was es mit Venedig gemeinsam hat ist, dass es erstens pittoresk und schön anzusehen ist, zweitens ein kleines Disney Land - von oben bis unten nur Souvenirs. Aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt, schon allein für die Fotomotive. Ich hab außerdem einen netten Freak, Joe, kennen gelernt, der eigentlich auf einer der kleineren Inseln im Süden war, aber ins Krankenhaus musste - und nicht mehr zurück nach Hause kam, weil das Boot schon weg war. Harhar! Der saß also mit etwas gemischten Gefühlen dort, hatte nichts weiter als Badehose, T-Shirt, Flip-Flops und Geldbeutel und musste sich einen Platz für die Nacht suchen, während seine Freundin keine Ahnung hatte, wo er blieb. Er hat sich jetzt schon vor der Rückkehr am nächsten Tag gefürchte und ich schwelgte mal wieder in der Freiheit des Junggesellendaseins... Jedenfalls hat er mir Ko Kud wärmstens empfohlen, ebenso vorhin erst der Besitzer des Mangrove, den ich eben kennengelernt habe. Er heißt "Buad" oder ähnlich, weiß der Geier, wie man ihn schreibt. Also denke ich, dass ich mich übermorgen dorthin auf den Weg machen werde. Morgen - muss ich erst noch ein bisschen entspannen......

Buad ist übrigens gleich der nächste sehr interessante Mensch. Er kommt aus Bangkok, studiert in Fribourg in der Schweiz Economics und "Cinema", hat bei einigen Filmen mitgearbeitet (unter anderem "Alexander" von Oliver Stone), dreht Werbefilme und kennt sich sehr gut mit Kameras aus. Er hat ne Canon EOS 5D Mark II, der SACK! Dafür weiß ich jetzt, wo es in Bangkok sehr günstiges Foto-Equipment zu kaufen gibt! Buad leitet das Ressort zusammen mit Yin, die mich übrigens sehr an Panida erinnert (die Thai-Laotin, mit der ich vor ein paar Jahren in Laos unterwegs war). Sehr sehr sympathisch alles hier. Morgen werde ich mit Buad zu einer der Mini-Inseln direkt hier vor der Küste kayaken und dort schnorcheln gehen, dort soll es nämlich noch viel mehr lebendige Korallen geben als hier.

Heute war ich am Südende von White Sand Beach (für die Eingeweihten) zum Schnorcheln, hab mir natürlich gleich mal den obligatorischen Sonnenbrand geholt, und das obwohl es währenddessen sogar geregnet hat. Die Sonne powert eben voll durch die Wolken durch, ich hätte es besser wissen sollen. Das Problem mit dem Schnorcheln hier ist, dass ich einfach schon zu viel besseres gesehen habe. Die Sichtbedingungen sind sehr eingeschränkt, maximal 5 Meter, die Korallen sind größtenteils tot, aber immerhin Fische gibts noch einige. Hab ein ziemlich großes Biest gesehen, das mit Affenzahn um mich herumgeschwommen ist, vielleicht ein Barrakuda. Ein bisschen gruselig bei den schlechten Sichtbedingungen, wenn plötzlich aus dem Nichts ein Viech auf Dich zurast, aber trotzdem hätte eher ich den Fisch gegessen als umgekehrt. Barrakuda schmeckt fast noch besser als Hai. :-) Dann gab es einige Angel-Fische, ein paar Fischschwärme, hab die Namen vergessen, in die sich dicke fette Pigeon-Fische eingeschlichen hatten und als Highlight einen kleinen grauschwarzen Stachelrochen. Das ist also Leiden auf hohem Niveau hier, aber wenn man schon auf den Surin Islands, in Ton Sai (yeah Brother!)  oder Ko Tao bei besten Bedingungen tauchen war, dann ist das halt kein Vergleich. Ist schade, Buad hat mir erzählt, vor 4 Jahren waren die Korallen noch alle am Leben, heute hab ich nur noch ein paar größere bunte Stöcke gefunden, hier in der Bucht ist alles tot, wie ein  Friedhof. Nur die Giant Clams scheinen das irgendwie zu überleben, von denen gibts noch viele. Wunderschön, an die heranzutauchen und sich die bunt marmorierten Farben aus der Nähe anzusehen, bevor sie sich nach einer zu schnellen Bewegung in ihre Muscheln verziehen. Tolle Tiere!

Das einzige, was mir nach wie vor etwas fehlt, ist qualifizierte Gesellschaft. Brigitte ist bisher die einzige Konstante, mit ihr sitze ich jeden Tag ein bisschen zusammen und quatsche. Wirklich eine interessante Frau, in Griechenland hat sie damals in einer Kommune mit hundert Leuten gelebt, alles deutsche Aussteiger, die Basisdemokratie habe sie fast wahnsinnig gemacht, meint sie... :-) Heute sind davon noch 5 übrig, sie war vor einzwei Jahren mal da. Wir sind uns einige, dass es im neuen Jahrtausend weit weniger Freiheiten gibt als im alten, sie ist froh, dass sie bald in Rente geht. Mmh.
Aber mir fehlt eben gleichgesinnte gleichaltrige Gesellschaft. Das Klientel auf Ko Chang ist etwas gediegener, als ich das gewohnt bin. Auch bin ich glaube ich einfach älter geworden. Wenn ich abends in einer der Bars sitze und den Leuten am Nebentisch zuhöre, dann kriege ich teilweise ein bisschen das Kotzen. "Was like" bestimmt die Gesprächsstruktur und auch den Inhalt, also in der Art "And then he was like and ... OOH DEAR, but then she was like and so he was like..." WIE BITTE?!? WAS WAR DIE INFORMATION?!? Britains next top model Atmosphäre, BAH! BRECHREIZ! Versteht Ihr, was ich meine? Die nächste Alternative sind Slack Line Yuppies - nix gegen Slack Lines, aber das kriegt so langsam den Charakter einer Sekte und ich versteh wieder  mal einfach nicht so ganz, was daran so besonders sein soll, auf einem Strick zu balancieren, das ist doch keine Philosophie! Davon abgesehen dass es plakativ alternativ ist. Aber uniformierte Alternativität war mir schon immer suspekt, besonders wenn sie im Kern darin besteht, einfach nur richtig assholeicecool zu sein. Das ist Poser-Scheisse. Alternative drei: kleine Erstis auf Fernreise. Da sehe ich dann mich 2001 vor mir und ihnen nehme ich überhaupt nichts übel, aber wir haben leider nicht mehr viel gemeinsam. Die vierte Alternative, für die icecool eine radikale Untertreibung ist - das sind die Russen. Granitdurchsetzter-Eisberg-trifft-Titanic-cool trifft es bei denen wohl besser, die Mädels sind Prada-Schlampen und die Typen laufen rum wie grimmige Pitbull-Zuhälter im Feinripp auf Sonnenbrand. Sorry für die harten Worte, ich arbeite mit vielen Russen zusammen und mag sie sehr gern, das ist gar keine Frage, aber das Bild das deren Landsleute hier größtenteils abgeben... Gruselig! So oder so ist meine hoffentlich wohlbegründete Einstellung aber nicht unbedingt kontaktfördernd und in Folge dessen entscheide ich mich teilweise dafür, mein Chang allein zu trinken, was aber auch auf Dauer frustrierend wird.

Ich ertappe mich also dabei, ziemlich hohe Standards zu haben und fühle mich gar nicht besonders wohl dabei, das riecht nach Arroganz und Überheblichkeit. Nach dem Versuch, Erlebtes wiederzubeleben und nach mangelnder Offenheit. Aber sorry, mir gehts dabei einfach genauso wie mit den Korallen! Die sind tot, das ist nicht "Living-the-dream". Außerdem will ich mich einfach nicht mehr an Menschen anpassen, die mir im Kern völlig fremd sind. Ist es bedenklich, dass die Person, mit der ich mich hier am besten verstehe, eine über 50jährige Ex-Hippie-Dame ist? Die erste Konsequenz ist: nächstes Mal will ich glaube ich nicht mehr allein losziehen, bei aller Abenteuerlust ist diese Zeit meines Lebens vielleicht langsam vorbei. Ich wünsch mir nämlich nach wie vor Euch herbei! Die zweite Konsequenz ist, bald weiter zu ziehen und herauszufinden, ob das am Ende ein Ko Chang Problem ist.

In dem Sinne werde ich mir also morgen noch einen entspannten Tag gönnen, mit Buad Paddeln und Schnorcheln gehen, vielleicht noch den Canopee Tree Walk mitnehmen, den es hier um die Ecke gibt, anschließend muss es weiter gehen: Ko Kud und dann "Holiday in Cambodia"!

Sonntag, 3. April 2011

Schlaflos im Mangrove

Tage sind vergangen seit meinem letzten Post! Gut so, denn offensichtlich komme ich so langsam an! Was gibt es zu erzählen? Erstmal die Basic Facts: nach 2 Nächten im höchst edelteuren "Ko Chang Ressort and Spa" inklusive teurer Thai-Massage, Aircon Room, Fernseher, WiFi und allem Scheiss, den man nicht braucht zog es mich in die "more basic" Gefilde. Also folgte ich einem Tipp von Lena und schrie dem nächstbesten Taxifahrer MANGROVE ins Gesicht. Dort hatte ich sicherheitshalber vorher schon angerufen und einen Bungalow reserviert, denn aufgrund der miesen Lage im Süden von Thailand hieß es, die Bungalows seien überall ausgebucht.

Oh große Überraschung, was wartete hier auf mich? ALLE Bungalows leer! Kein Mensch weit und breit. Erst auf mein Rufen hin erschien ein kleines Thai-Mädel, das kein Englisch sprach und öffnete mir einen der Bungalows - BAM! WAS für ein Bungalow! Das Mangrove hat wirklich die schönsten , die ich je gesehen habe, wobei "schön" natürlich immer Geschmackssache ist. Vielleicht besser: die "coolsten" Bungalows. Die Dinger sind nach außen hin völlig offen, nur um das Bett spannt sich ein heimeliges Moskitonetz. Dafür ist das Bad riesig und mit Schieferfliesen ausgelegt, außerdem "selbstreinigend - denn es regnet rein. Also durchaus basic die Sache, aber so was von geschmackvoll, man fühlt sich wie Hemingway auf Safari! Mal ganz davon abgesehen, dass Hemingway ein Macho-Idiot war. Naja, wieder Geschmackssache. Jedenfalls genau das was ich gesucht habe, ich hab Euch Fotos hochgeladen.

Hier hab ich bisher sehr ruhig angehen lassen, vor allem dadurch, dass bisher nur Brigitte und ich als Gäste hier waren. Brigitte kam später am selben Tag an wie ich, ist 54, lebt in Bonn, verkauft bei der Telekom Handys im großen Stil ins Ausland, war aber früher mal ne richtig wilde. Sie hat nachdem sie die Schule abgebrochen hat 17 Jahre in Griechenland gelebt und dort in einer Fischzucht gearbeitet, dann ist sie zurück nach Deutschland, "bevor sich mein griechischer Freund ne jüngere geholt hat". Dort hat sie sich von 0 an hochgearbeitet, jetzt bereitet sie sich auf die Frühpensionierung vor und will herausfinden, ob Thailand ein Land zum Leben ist. Bisher ist noch nichts entschieden, ist aber auch verdammt heiß hier. Am ersten Abend haben wir uns schrecklich vollaufen lassen und die halbe Nacht über Gott und die Welt, außerdem den Unbill des Geschäftslebens und den baldigen Zusammenbruch der westlichen Wirtschaftssysteme gelallt. Durchaus unterhaltsam.
Der Suff hat leider überhaupt nicht dazu beigetragen, mich anschließend schlafen zu lassen, komischerweise komme ich mit dem Jetlag diesmal nämlich überhaupt gar nicht klar. Das ist mir die Nächte vorher nicht aufgefallen, weil ich eh so völlig kaputt war, aber die letzten 2 Nächste konnte ich nahezu gar nicht schlafen. Vor allem wegen einem einzigen kleinen chitinummantelten MISTVIEH von einer gottverdammten Monstergrille. Kennt Ihr dass, wenn Euer Computer sich aufhängt, während Musik läuft und dann eine Zehntelsekunde Musik immer wiederholt wird? Ja? Jetzt stellt Euch das mit 150 Dezibel vor! GENAU SO. 5 Stunden lang. Während man nicht schlafen kann. Ziep Ziep Ziep Ziep Ziep Ziep Ziiiiiep. Pause. Oooch mein Goot, endlich, diese Ruh.... Ziep Ziep Ziep Ziep Ziep Ziep Ziep....... Und das LAUT! Ich meine, LLAAUUTT! Ohropax-in-den-Ohren-beide-Hände-zusätzlich-auf-die-Ohren-gepresst-immer-noch-hörbar-LAUT. Was hab ich mir nicht alles vorgestellt? Wilde Luftgewehrschüsse ins Dunkel, ach... Schweres Maschinengewehrfeuer! Granaten! Napalm! Agent Orange! AEROSOLBOMBEN! Radiert von mir aus die ganze Scheiss Insel aus, ist mir egal, nur KILLT DIESES GOTTVERDAMMTE DRECKS INSEKT! Alle anderen Biester, Frösche, kleinere Grillen, Meeresrauschen, mmmmmh, wunderbar, Sound of the Djungle. Aber diese EINE Grille... Ich war kurz davor, um 4 Uhr morgens mit meiner Taschenlampe und einer barbarischen Nagel-Keule in den Dschungel aufzubrechen. Dann kam irgendwann und irgendwie der Schlaf, für ein paar Stunden, bevor es zu heiß wurde.

Aber letzte Nacht war schon besser, ich hoffe ich kann mich endlich anpassen, früher war das nie so ein Thema. Ansonsten war ich viel Schwimmen (especially for LENA!), bin mit nem Motorbike über die Insel gecruised und heute mit einem See-Kayak in einen kleinen Tropensturm geraten, der mich auf relativ hoher See überrascht hat. Mmh komisch, schon wieder Hemingway? Der junge Mann und das Meer? Am Anfangs wars jedenfalls lustig ("Ha ha, Platzregen, schön kühl, hörr...."), dann wars echt Scheisse, als der Regen immer dichter wurde, Blitze zuckten und der Sturm die Wellen auftürmte ("Schluck! Strom! Salzwasser! STURM!" paddelpaddelpaddelpadddeeeeell...), dann wars wieder unfassbar schön, als ich weit ab vom Schuss neben einer kleinen Bretterbude von Fischerhütte pitschepatschenass mit meinem Kayak am Ufer saß, von der mir 2 Thais schadenfroh grinsend zuwinkten. Da saß ich im prasselnden warmen Regen auf meinem Fels und lauschte dem Donner. Absurderweise schien die gesamte Zeit über die knallende Sonne glitzernd orange durch den dichten Platzregen und diesige Luft hindurch, an der malerischen Hütte und ein paar Palmen vorbei, die über dem Wasser die Köpfe schüttelten, während sich hinter mir schwarze Wolken die Hügel hinauf schoben wie die Reiter der Apokalypse. Wirklich, ein unfassbares Bild, voll der Hammer. Ganz besonders schön, wenn man kurz vorher echt richtig Schiss hatte...

Heute Abend ist hier jetzte eine gefühlte HORDE neuer Gäste aufgetaucht. Insgesamt 5 Leute - ich freu mich auf neue Gesellschaft.

P.S.: NEUE FOTOS!

Freitag, 1. April 2011

Von Elefanten und Strandschaukeln

Es ist schwer, das Gefühl zu beschreiben, allein zu reisen, zumindest  so, wie ich es empfinde. Es ist spät, halb Eins in der Nacht. Ich komme zurück vom Strand, an den ich vor einer Stunde gegangen bin, um zu schauen, ob dort noch etwas los ist, ob noch Menschen unterwegs sind. Der Strand war vollkommen leer, vom einen bis zum anderen Ende keine einzige Seele  zu sehen im Dunkeln. Nur an der Ende der Bucht noch ein paar Lichter. Ich hatte 2 kleine Flaschen Chang Beer dabei, ein Päckchen Zigarretten und meinen MP3-Player. Ich fand es schade, hätte Lust gehabt, mich noch ein wenig zu unterhalten. 

Heute Abend, ein paar Stunden vorher, habe ich eine Gruppe Thais kennengelernt, als ich ein paar Fotos gemacht und mich dann noch für einen Cocktail hingesetzt habe. Die hatten Probleme, ihre Bacardi Breezer zu öffnen und nachdem ich ihnen unaufgefordert meine Skills im Umgang mit deutschen Feuerzeugen demonstriert hatte, wollten sie mich vor lauter Dankbarkeit fast nicht mehr gehen lassen und haben daher versucht, mich mit kostenlosem Chang abzufüllen... Es ist immer wieder beeindruckend, wie kahl der Markt der Freundlichkeiten ist, es genügt ein kleines Lächeln und Du bist offenbar schon im oberen Viertel der Alleinstellungsmerkmale. So ging es mir schon öfter in den paar Tagen meiner Reise, ich strecke den Finger aus und - werde mit Goldringen beschenkt. Die Menschen sind schön. Das ist die freundliche Seite des Alleinreisens, man ist ein williges Objekt für Verbrüderungen, wenn man nicht völlig verkorkst ist.

Vorhin erwartete mich die andere Seite: wenn das Anderssein in einer Situation noch eine höchst willkommene Eigenschaft ist, so ist sie in der nächsten eine Trennscheide zwischen Dir und der Welt. Während sich das Volk um nicht mal 12 Uhr in den Luxus-Betten wälzt, um am nächsten Tag gottweißwelche Dinge zu tun, sitze ich im Dunkeln am einsamen Strand auf einer an einer Palme befestigten Hanfseil-Schaukel, nippe mit einer Hand an meinem Chang, ziehe mit der anderen an meiner Zigarrette, um mich mit den Ellenbogen immer wieder über das brandende Wasser hinaus zu ziehen. Durch meine Ohren ziehen wunderschöne Töne, Les Ambassadeur Vol. 3 (hört mal rein, das gehört dazu!), an meinem Oberkörper mit leisem Wuuuusch die tropisch warme Nachtluft vorbei. Die Palmenschaukel schwingt weit, da die Palme so hoch ist, man holt 6 Meter Schwung und zieht mit gestreckten Beinen 12 Meter bis über das Wasser hinaus. Ich lehne mich mit dem ganzen Oberkörper nach hinten und sehe in Wolkenlöchern Sterne funkeln. 

Auf eimal bin ich gleichzeitig tief traurig und doch mindestens genauso dankbar dafür, dass sich die Menschen in ihre Betten verzogen und mir diesen stillen Moment ermöglicht haben. Denn das ist Poesie, das ist spontane Schönheit, etwas sehr individuelles, das man in dieser Form nur mit wirklich eng vertrauten Menschen teilen kann und das sich von all den konstruierten Urlaubs-Erlebnissen wie "Jungle Tour - Ride on the Elephant" und "Night Squid Catching" so fundamental unterscheidet. Der Versuch, diesen Unterschied zu beschreiben gleicht dem, den Geschmack des Wortes Streifzeit einem Menschen aus einem anderen Kulturkreis nahe zu bringen. Was mir aber jetzt fehlt, das sind diese Menschen, die so denken wie ich. Die Nacht ist meine Zeit, und sie ist zumindest heute menschenleer.

Das Reisen ist für mich seit jeher eine Metapher für das Leben gewesen, und so ist auch dieses Erlebnis ein alter Bekannter. Gute Mine zum bösen Spiel zu machen ist eine meiner Kardinalstugenden geworden, um in der sozialen Welt über die Runden zu kommen. Ich wohne selbst im Luxus-Ressort und reite selbst auf so manchem Elefanten und versuche sogar dabei Spaß zu haben, auch wenn das arme Vieh unter mir vor Schmerzen grunzt, während es von seinem Treiber mit Haken in die Seite gedroschen wird, all das selbstredend zu meiner Unterhaltung. Um das zu schaffen pflanze ich mir daneben meine Inseln der Einsamkeit, schütte scharfe Korallenriffe vor ihnen ins Meer und versenke dadurch so manchen Entdecker. 

Das mag verrückt sein, aber es ist auch ein Schutzmechanismus, um nachts allein auf meiner Palmenschaukel sitzen und der Melodie der Sterne lauschen zu können. Wer mitmachen will: ihr seid alle eingeladen, folgt einfach den Brotkrumen, ich erwarte Euch sehnsüchtig.

Mittwoch, 30. März 2011

Entschuldigen Sie, sind wir denn schon in Schweinfurt?

Was hatte ich noch in meinem letzten Post geschrieben? 20 Grad? Diesig? Vielleicht gar regnerisch? 
Was ist hier eigentlich los? Ich kann mich vage - VAGE - an Flugzeuge erinnern, an großporige Bord-Servicekräfte, an ganzkörperbehaarte Leintuchträger mit Badelatschen, denen in angemessener Entfernung ein Schwarm eifriger Pinguine nachdackelt, an arrogante Schnurrbartbedienstete, die einem in der wohlwissend einzig geöffneten Istanbuler Flughafenbar nach 23 Uhr einen bekackten Eistee in der Dose für 5 Euro nach 15 Minuten zu kredenzen sich durchringen... Reisender, kommst Du nach Istanbul, verkündige dorten, Du wollest so schnell als möglich aus dem Staube Dich machen! Man beachte gnädigst und erspare mir Hassbriefe: ich rede vom Flughafen. 

Dann war da noch was mit einer fast mythischen Irrfahrt durch den Bangkoker Untergrund, in welchem beim Versuche durch eine Parkhausdurchfahrt zu wenden mein Fahrer sich verfuhr, um sein blechern Dach an der etwas niedrig angebrachten Betondecke kräftig abzuschleifen - mag dies der örtliche Habitus zum Reinigen von Taubendreck sein, frage ich mich? Doch nein, denn derlei Gefieder gibt es hier nicht. Gab es sie je? Smog? 
An eine erquickliche Nacht in einer höchst noblen Unterkunft meine ich mich zu erinnern, an weitläufige Kachellandschaften, Plasmafernseher und Minibar - rülps. Dergleichen nur knapp über Tarif der Freiburger Jugendherberge. Reisender, kommst Du aber nach Bangkok, dann meide die Khao San Road wie die Laus am Hoden, denn dergleichen Pein will sie Dir bereiten und Dein teuer Erspartes Dir grinsend aussaugen.

Aber kann dies alles wirklich sein? Bin ich einem feigen Trugspiel meines reisegeilen Unterbewusstseins aufgesessen? Denn wie ich vorhin so im Bus aufwache, von rezepteaustauschenden deutschen Hausfrauen umgeben, da zwängt sich mir quer ein Gedanke durch mein strapaziertes Hirn: "Entschuldigen Sie, sind wir denn schon in Schweinfurt?" Denn draußen regnet es, die Klimaanlage ist ausgeschaltet, weil nicht notwendig, der Bus ein germanisches Qualitätsprodukt, wir haben überdies Verspätung und in jeder Himmelsrichtung gehen mir quasselnde Deutsche schrecklich auf den Zeiger!!!... das kenne ich doch. FOOOCK! Ich bin immer noch in Deutschland, alles war nur ein hinterlistiger Traum!

Doch Moment: dort hinten wartet die Fähre, die wäre in Deutschland so nie durch den TÜV gekommen. Und Schweinfurt, das liegt doch nicht am Meer... Palmen? Da vor dem Fenster: helmlose Schönheiten zucken nicht, doch rauchen entspannt Filterlose, während Sie wie im Damensattel hinten auf rostigen Mopeds sitzen, die dennoch problemlos 90 fahren und zentimetergenau durch die Verkehrslücken manövriert werden. Aaaah, alles ist gut, ich bin wirklich IN THAILAND! Dann werde ich jetzt wohl noch den Rest der Fahrt abwarten, mir beim Regen nichts denken (von meinen bisher 5 Ankünften auf thailändischen Inseln hat es bei 4 geregnet...), meinen bereits gebuchten Luxusbungalow im "Koh Chang Ressort and Spa" mit allem Schnickschnack beziehen, dort erstmal ein zwei Fotos machen und Dank kostenlosem WiFi meinen ersten Post aus dem Urlaub bloggen. Taraaaaah!

JA! Es regnet!

Mein Lokus hat nen Zennnn-Garten, lalalalalaaaaaa!

Montag, 28. März 2011

Der Staat will meine Zähne nicht!

Hallo liebste Blog-Leser! Ihr werdet es nicht glauben, aber heute melde ich mich aus der höchst exotischen und wunderschönen T̄hnn p̀ā dả (ป่าดำ ถนน). Wie immer hat sich meine Marschroute unterwegs geringfügig geändert, was ich mit angemessenem Fatalismus zur Kenntnis genommen habe. Die Temperatur liegt bei angenehmen 20 Grad, es ist bewölkt diesig in etwa wie im thailändischen Hochland.

Für diese überraschende Wendung gab es 2 Ursachen. Erstens: MICH! Zweitens die Tatsache, dass die Regelung für die Gültigkeitsdauer von Reisepässen erst geändert wurden, nachdem ich meinen letzten beantragt hatte. Dadurch ist mein Reisepass nur 5 Jahre gültig gewesen, obwohl er schon hätte 10 Jahre gültig sein können, da ich bei seiner Ausstellung bereits über 24 war. Aufgrund Ursache 1 hab ich das nicht überprüft, denn "der ist doch so gut wie neu". Was sind auch 5 Jahre, wenn man erst mal mein stattliches Alter erreicht hat? Aufgrund Tatsache 2 stand ich dann grinsend am Schalter von Turkish Airlines und lauschte den Worten der immerhin attraktiven Bodenpersonalsaftschubse, die mit einem mitleidigen Fingerzeig auf die Gültigkeit in meinem Reisepass ("Februar 2011") den Kopf schüttelte und mit dieser Geste mein einstiges Grinsen zum Bersten brachte wie ein Kopftuchträger die Fensterfront des World Trade Centers... Nachdem ich also meinen Flug auf Montag Abend (heute!) umgebucht hatte schlappte ich alle Körperteile hängen lassend, auch die Lefzen, hinab zum Fernbahnhof, während eine körperlose Stimme mir geistvoll zuflüsterte: "All passengers of flight blablabla to Istanbul, please proceed to gate blablaaaaaa...." WAAAAGAGAGAGRRRAAAARRRRRRRRR!!!!!!!

Nachdem es also der deutsche Staat in symbiotischem Teamwork mit meiner Dummheit (Kompatibilität = 100%) hinbekommen hat, meinen Abflug vollständig zu verkacken, haderte ich im ICE vor mich hin und überlegte, wie sich aus der Situation wenigstens KAPITAL schlagen ließ. Nachmittags in der T̄hnn p̀ā dả angekommen stellte ich also eine Annonce bei wg-gesucht ein, um nach 5 Minuten einen freundlichen Anruf vom ebenso freundlichen Martin (HALLO MARTIN!) zu erhalten. Dieser wird nun im April bei mir wohnen und so konnte ich wenigstens einen Teil meiner Mehrkosten ausgleichen, wenn auch die verlorene Urlaubszeit für alle Zeiten am Arsch ist. Abends waren wir mit WG und Freunden dann noch lecker LAOTISCH essen - es darf gelacht werden - und am Sonntag war Martin da und wir saßen traditionsgemäß ein paar Stunden plauschend in der Küche. Also abgesehen von meiner unfreiwilligen Doppel-Zugfahrt ein sehr nettes und entspanntes Wochenende.

Heute morgen nun musste ich mich wieder zu völlig unatheistischer Zeit (6 Uhr, meine Fresse!) aus dem Bett quälen, um meinen schlaffen Leib zum Bürgerbüro zu schleppen. Nach der obligatorischen Wartestunde wurde mir erklärt, dass erstens ohne biometrisches Passbild gar nix geht und ich mich zweitens nach dem Fototermin im Erdgeschoss nochmal von vorne anstellen müsse. Mein Passbild, nein das gehe gar nicht, denn ich lächle darauf. WTF?!? Mensch, Mensch, diese Kommunistennazis... Alles Hassverbrecher!

Beim glatzköpfigen Fotografen, der mich wie ein glänzender Kokskugelwicht umsprang und innerhalb von ca. 30 Sekunden die Passbilder erstellt, ausgedruckt und meine 15€ eingestrichen hatte, wurde es mir dann erklärt: "Keine Zähne!" Jetzt leuchtet mir das auch ein: wenn Du, als gefährlicher Terrorist, der Du bist, von einem nervösen SEK-Kommando umgeben um Dein Leben bangst, dann lächelst Du nicht, während Dein Pass überprüft wird, nein! Du blickst triefäugig mit hängenden Backen unter tiefen Augenringen ins Fadenkreuz und beißt Dir so feste auf die eingesaugte Unterlippe, dass es blutet. In ähnlich desolatem Zustand befand ich mich zum Glück aufgrund meines morgendlichen Befindens, was den Fototroll folgerichtig zu einem begeisterten "PERFEKT!" bewegte.

Nachdem ich nach der obligatorischen zweiten Wartestunde (naja, ein wenig schneller war's schon) endlich erkennungsdienstlich behandelt wurde fühle ich mich jetzt so sicher wie nie. Denn ich weiß, dass erstens meine Fingerabdrücke gespeichert wurden, so dass meine Leiche jederzeit problemlos identifiziert werden kann, zweitens mein Foto jedem Überfallkommando gerecht wird und drittens meine 90 Euro hervorragend angelegt sind, die ich als braver steuerzahlender Staatsbürger mit der EC-Karte wie bei Aldi an der Kasse noch bezahlen durfte. Denn von der Investitionssumme für diesen neuen Paranoia-Scheissdreck hätte man auch auf dem Mars landen können, das muss also absolut gut für uns alle sein! Ist wie bei Apple: kostet viel - muss toll sein!

Nun habe ich noch 20 Minuten, bevor ich mich wieder auf den Weg mache. 2. Versuch. Mal sehen, ob mir der Staat wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Bahnstreik oder so. Das sind ja auch alles eigentlich Staatsschergen, die von ihrem ehemaligen Arbeitgeber rektal vergew... Ihr wisst schon. Aber ich bin zuversichtlich, einzig bleibt die Frage: was nur, WAS, hat der Staat gegen meine Zähne?!? In Thailand kann man die günstig bleachen lassen, vielleicht sollte ich drüber nachdenken, wenn ich wieder nach Hause will... Moment - will ich? Na wenigstens BaWü ist wieder sicher, nach 58 Jahren! HURRA Freunde, haben wir gut gemacht.


P.S.: Der liebe Markus hat heute Geburtstag, ich hab aber keine Zeit mehr, ne Mail zu schreiben. Daher - sofern Du bis hierher gelesen hast, hast Du es Dir auch verdient - ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG!!! Feier schön und gib's Dir richtig dreckig mit Deiner neuen Freundin, reite Sie durch den halben Wald wie ein Erlkönig, selbst wenn Du 3 Tage nicht mehr sitzen kannst!!! ;-)