Mittwoch, 6. April 2011

Bitte einmal Mangrove wie immer...

Unglaublich, wie schnell man eine Routine entwickelt, einen Alltag. Noch immer sitze ich im Mangrove Bungalow Ressort, wie immer beginnt meine Reiserei damit, dass ich den Arsch erstmal überhaupt nicht mehr hoch kriege. Mein Tagesprogramm ist äußerst schlank und beschränkt sich auf ein bis zwei Aktivitäten - maximal!

Gestern: eigenes Schnorchelzeug kaufen und Motorbike-Harakiri-Fahrt nach Bang Bao. Das ist so eine Art Venedig Ko Changs, nur natürlich viel kleiner. Was es mit Venedig gemeinsam hat ist, dass es erstens pittoresk und schön anzusehen ist, zweitens ein kleines Disney Land - von oben bis unten nur Souvenirs. Aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt, schon allein für die Fotomotive. Ich hab außerdem einen netten Freak, Joe, kennen gelernt, der eigentlich auf einer der kleineren Inseln im Süden war, aber ins Krankenhaus musste - und nicht mehr zurück nach Hause kam, weil das Boot schon weg war. Harhar! Der saß also mit etwas gemischten Gefühlen dort, hatte nichts weiter als Badehose, T-Shirt, Flip-Flops und Geldbeutel und musste sich einen Platz für die Nacht suchen, während seine Freundin keine Ahnung hatte, wo er blieb. Er hat sich jetzt schon vor der Rückkehr am nächsten Tag gefürchte und ich schwelgte mal wieder in der Freiheit des Junggesellendaseins... Jedenfalls hat er mir Ko Kud wärmstens empfohlen, ebenso vorhin erst der Besitzer des Mangrove, den ich eben kennengelernt habe. Er heißt "Buad" oder ähnlich, weiß der Geier, wie man ihn schreibt. Also denke ich, dass ich mich übermorgen dorthin auf den Weg machen werde. Morgen - muss ich erst noch ein bisschen entspannen......

Buad ist übrigens gleich der nächste sehr interessante Mensch. Er kommt aus Bangkok, studiert in Fribourg in der Schweiz Economics und "Cinema", hat bei einigen Filmen mitgearbeitet (unter anderem "Alexander" von Oliver Stone), dreht Werbefilme und kennt sich sehr gut mit Kameras aus. Er hat ne Canon EOS 5D Mark II, der SACK! Dafür weiß ich jetzt, wo es in Bangkok sehr günstiges Foto-Equipment zu kaufen gibt! Buad leitet das Ressort zusammen mit Yin, die mich übrigens sehr an Panida erinnert (die Thai-Laotin, mit der ich vor ein paar Jahren in Laos unterwegs war). Sehr sehr sympathisch alles hier. Morgen werde ich mit Buad zu einer der Mini-Inseln direkt hier vor der Küste kayaken und dort schnorcheln gehen, dort soll es nämlich noch viel mehr lebendige Korallen geben als hier.

Heute war ich am Südende von White Sand Beach (für die Eingeweihten) zum Schnorcheln, hab mir natürlich gleich mal den obligatorischen Sonnenbrand geholt, und das obwohl es währenddessen sogar geregnet hat. Die Sonne powert eben voll durch die Wolken durch, ich hätte es besser wissen sollen. Das Problem mit dem Schnorcheln hier ist, dass ich einfach schon zu viel besseres gesehen habe. Die Sichtbedingungen sind sehr eingeschränkt, maximal 5 Meter, die Korallen sind größtenteils tot, aber immerhin Fische gibts noch einige. Hab ein ziemlich großes Biest gesehen, das mit Affenzahn um mich herumgeschwommen ist, vielleicht ein Barrakuda. Ein bisschen gruselig bei den schlechten Sichtbedingungen, wenn plötzlich aus dem Nichts ein Viech auf Dich zurast, aber trotzdem hätte eher ich den Fisch gegessen als umgekehrt. Barrakuda schmeckt fast noch besser als Hai. :-) Dann gab es einige Angel-Fische, ein paar Fischschwärme, hab die Namen vergessen, in die sich dicke fette Pigeon-Fische eingeschlichen hatten und als Highlight einen kleinen grauschwarzen Stachelrochen. Das ist also Leiden auf hohem Niveau hier, aber wenn man schon auf den Surin Islands, in Ton Sai (yeah Brother!)  oder Ko Tao bei besten Bedingungen tauchen war, dann ist das halt kein Vergleich. Ist schade, Buad hat mir erzählt, vor 4 Jahren waren die Korallen noch alle am Leben, heute hab ich nur noch ein paar größere bunte Stöcke gefunden, hier in der Bucht ist alles tot, wie ein  Friedhof. Nur die Giant Clams scheinen das irgendwie zu überleben, von denen gibts noch viele. Wunderschön, an die heranzutauchen und sich die bunt marmorierten Farben aus der Nähe anzusehen, bevor sie sich nach einer zu schnellen Bewegung in ihre Muscheln verziehen. Tolle Tiere!

Das einzige, was mir nach wie vor etwas fehlt, ist qualifizierte Gesellschaft. Brigitte ist bisher die einzige Konstante, mit ihr sitze ich jeden Tag ein bisschen zusammen und quatsche. Wirklich eine interessante Frau, in Griechenland hat sie damals in einer Kommune mit hundert Leuten gelebt, alles deutsche Aussteiger, die Basisdemokratie habe sie fast wahnsinnig gemacht, meint sie... :-) Heute sind davon noch 5 übrig, sie war vor einzwei Jahren mal da. Wir sind uns einige, dass es im neuen Jahrtausend weit weniger Freiheiten gibt als im alten, sie ist froh, dass sie bald in Rente geht. Mmh.
Aber mir fehlt eben gleichgesinnte gleichaltrige Gesellschaft. Das Klientel auf Ko Chang ist etwas gediegener, als ich das gewohnt bin. Auch bin ich glaube ich einfach älter geworden. Wenn ich abends in einer der Bars sitze und den Leuten am Nebentisch zuhöre, dann kriege ich teilweise ein bisschen das Kotzen. "Was like" bestimmt die Gesprächsstruktur und auch den Inhalt, also in der Art "And then he was like and ... OOH DEAR, but then she was like and so he was like..." WIE BITTE?!? WAS WAR DIE INFORMATION?!? Britains next top model Atmosphäre, BAH! BRECHREIZ! Versteht Ihr, was ich meine? Die nächste Alternative sind Slack Line Yuppies - nix gegen Slack Lines, aber das kriegt so langsam den Charakter einer Sekte und ich versteh wieder  mal einfach nicht so ganz, was daran so besonders sein soll, auf einem Strick zu balancieren, das ist doch keine Philosophie! Davon abgesehen dass es plakativ alternativ ist. Aber uniformierte Alternativität war mir schon immer suspekt, besonders wenn sie im Kern darin besteht, einfach nur richtig assholeicecool zu sein. Das ist Poser-Scheisse. Alternative drei: kleine Erstis auf Fernreise. Da sehe ich dann mich 2001 vor mir und ihnen nehme ich überhaupt nichts übel, aber wir haben leider nicht mehr viel gemeinsam. Die vierte Alternative, für die icecool eine radikale Untertreibung ist - das sind die Russen. Granitdurchsetzter-Eisberg-trifft-Titanic-cool trifft es bei denen wohl besser, die Mädels sind Prada-Schlampen und die Typen laufen rum wie grimmige Pitbull-Zuhälter im Feinripp auf Sonnenbrand. Sorry für die harten Worte, ich arbeite mit vielen Russen zusammen und mag sie sehr gern, das ist gar keine Frage, aber das Bild das deren Landsleute hier größtenteils abgeben... Gruselig! So oder so ist meine hoffentlich wohlbegründete Einstellung aber nicht unbedingt kontaktfördernd und in Folge dessen entscheide ich mich teilweise dafür, mein Chang allein zu trinken, was aber auch auf Dauer frustrierend wird.

Ich ertappe mich also dabei, ziemlich hohe Standards zu haben und fühle mich gar nicht besonders wohl dabei, das riecht nach Arroganz und Überheblichkeit. Nach dem Versuch, Erlebtes wiederzubeleben und nach mangelnder Offenheit. Aber sorry, mir gehts dabei einfach genauso wie mit den Korallen! Die sind tot, das ist nicht "Living-the-dream". Außerdem will ich mich einfach nicht mehr an Menschen anpassen, die mir im Kern völlig fremd sind. Ist es bedenklich, dass die Person, mit der ich mich hier am besten verstehe, eine über 50jährige Ex-Hippie-Dame ist? Die erste Konsequenz ist: nächstes Mal will ich glaube ich nicht mehr allein losziehen, bei aller Abenteuerlust ist diese Zeit meines Lebens vielleicht langsam vorbei. Ich wünsch mir nämlich nach wie vor Euch herbei! Die zweite Konsequenz ist, bald weiter zu ziehen und herauszufinden, ob das am Ende ein Ko Chang Problem ist.

In dem Sinne werde ich mir also morgen noch einen entspannten Tag gönnen, mit Buad Paddeln und Schnorcheln gehen, vielleicht noch den Canopee Tree Walk mitnehmen, den es hier um die Ecke gibt, anschließend muss es weiter gehen: Ko Kud und dann "Holiday in Cambodia"!

2 Kommentare:

Ranger Al hat gesagt…

Hi Dani,
wirklich schoen, dass Du uns auf diese Art an Deiner Reise teilhaben laesst. Ich freue mich immer, neue Beitraege von Dir zu lesen. Und Deine Photos sind einfach phaenomenal schoen und sehr kreativ!

Ich habe den Eindruck, Du bist weit genug weg und vor allem auch alleine genug, um die Zeit zu haben, ueber Dich, Deine Welt und den ganzen Rest nachdenken zu koennen. Hoffentlich bist Du nicht so alleine, dass Du trauriger bist, als Du sein willst. Auf jeden Fall freue ich mich darauf, Dich nach Deinem Urlaub wieder zu sehen, und spaetestens dann ist - zumindest fuer kurze Zeit - Ende mit alleine.

Pass auf Dich auf,
fuehle, dass wir an Dich denken,
und erlebe mehr, als Dir Dein Buero bieten kann,
Dein Bruder Ranger Al

Maniac hat gesagt…

Hey Danersen!

Mir geht´s wie unserem roßen Bruder: ich lese einfach saugern Deine Geschichten, freue mich wenn ich an Deinen Gedanken teilhaben kann, und bin immer wieder von Deinen geilen Fotos begeistert. Tja, das mit dem "allein reisen" kann ich mir gut vorstellen. Und Du hast natürlich auch recht mit Deiner Sicht von Koh Chang: viele Arschloch-Touris, wenig wirklich interessante Menschen. Aber es gibt die doch noch, man muss bloß ein bißchen länger danach suchen. Mein Eindruck ist, dass die Aussteiger- und Hippie-Szene schon längst weitergezogen ist. Thailand ist Mainstream, drum findet man dort inzwischen auch hauptsächlich Mainstream-Menschen und Mainstream-Hotels und -Locations. Trotzdem ist es einfach ein schönes und tolles Land und definitiv eine Reise wert. Man muss nur länger suchen, um schöne Flecken zu finden. Übrigens: verlass Koh Chang nicht ohne zumindest einmal im Saffron on the Sea gegessen und Dich zumindest einmal im Bodiwork Spa massiert gelassen zu haben!!! Sonst setzt´s Schelte vom großen Bruder!

Bin übrigens schon gespannt, wie Dir Cambodia gefällt. Caro und ich fanden die Menschen dort einfach nur toll.

Viele liebe Grüße
Dein Putz